Ich bin um 6 Uhr wach und fühle mich noch etwas K.O.
Ich hatte gestern Abend um 23h noch geduscht und alle Akkus und Geräte an die Steckdosen angeschlossen. Jetzt muss ich mich noch aufladen.
Nette Gespräche am Frühstückstisch
Um halb acht gehe ich in den kleinen gemütlichen Frühstücksraum. Ich esse mich durch das Buffet. Am Ende angekommen, beginne ich nochmals von vorne. Tja, was soll ich sagen – und danach noch einmal…
Das erzeugt natürlich Aufmerksamkeit. Ich komme mit einem norwegischen Tischnachbarn ins Gespräch, als sich der Gastgeber, ein sehr hilfsbereiter Belgier, einklinkt. Es geht ums Wandern, Essen, meine Ausrüstung, etc.
Dann beteiligen sich die Tischnachbarn zur linken Seite ebenfalls am Gespräch. Es stellt sich heraus, dass sie aus Deutschland kommt und er aus Österreich. Das Paar hat es dieses Jahr von der Schweiz in die Nähe von Oslo verschlagen. Dort suchen sie nach neuem sozialen Anschluss. Ich äußere, dass nach Österreich, Schweiz und nun Norwegen danach nur noch Vancouver Island als nächste Station folgen könne. Wir sind uns einig.
Bald ist das Frühstücksbüffet beendet. Mein belgischer Gastgeber bringt mir noch eine Ladung von Allem und räumt danach das Buffet ab. Jetzt sind auch meine Akkus wieder voll.
Wie es einen Belgier nach Dalen verschlug
Ich packe zusammen und bezahle an der Rezeption. Mein Gastgeber spricht auch ganz gut deutsch. So wechseln wir von deutsch, englisch und norwegisch hin und her. Wie er denn nach Dalen gekommen sei, frage ich ihn.
Vor 15 Jahren hat er hier Urlaub gemacht und ist irgendwie hiergeblieben. Er hat ein Haus gekauft und in den folgenden Jahren an- und ausgebaut, was er mir in seinem Fotoalbum zeigt. Im Sommer arbeitet er hier nahezu rund um die Uhr, größer soll es nicht mehr werden, er sei fast immer ausgebucht.
Danach geht es mit seiner Familie zurück nach Belgien, wo er die andere Hälfte des Jahres verbringt. Das B&B ist dann geschlossen.
Ausflugtipps und mehr
Ich frage ihn, ob er noch ein paar Pflaster habe, denn heute ist Feiertag und alle Geschäfte sind geschlossen. Er gibt mir neue Compeed- Pflaster und ich bin wieder im Rennen. Ich erzähle ihm von meiner defekten Isomatte. Ich könne es in Åmot oder Rauland probieren. Das ist nur ein kleiner Umweg, also plane ich um.
Er gibt mir noch einige Ausflugtipps:
- 100 Meter entfernt befindet sich das Dalen-Hotel, welches ich mir unbedingt anschauen soll
- den Aufstieg aus Dalen soll ich über den Wanderweg machen. Das sei zwar anfänglich extrem steil, aber besser als die Straße
- die Eidsborg-Stabkirche ist sehenswert. Die hatte ich auch in meiner Planung
- nach der Stabkirche geht ein Wanderweg durch das Djupedalen. An dessen Ende komme ich an der Rabenschlucht (Ravnjuv oder auch Ravnegjuv auf norwegisch) vorbei
Schönes Dalen-Hotel
Das Hotel ist wirklich einen Blick wert. Ich bin bereits wieder etwas spät dran, also fällt die Innenbesichtigung aus.
Erst noch ein Plausch, dann wird geschwitzt
Ich gehe zum Aufstieg, um das Tal zu verlassen. Nachdem es gestern brutal herunterging, ist mir klar was jetzt bevorsteht. Doch vorher treffe ich ein norwegisches Paar, das gerade absteigt. Der Mann ist sehr an meiner Tour interessiert, insbesondere Gewicht der Ausrüstung und meines Proviants interessieren ihn.
Es nützt alles nichts, ich gehe es an. Knapp 500m Höhe auf knapp 4 km Strecke – und das gleich zum Tagesstart. Nach 30 Minuten schwimme ich im eigenen Saft. Ich nutze die Gelegenheit und probiere eine neue Schritttechnik aus.
Eine schweizerische Bergführerin hat sie in einem Beitrag vorgestellt. Es ist ein sehr langsamer Rhythmus, bei den ein Bein in voller Stützposition unter dem Körperschwerpunkt steht, während das andere Bein anschließend darunter „durchschaukelt“, bis dieses dann die Stützposition einnimmt.
Irgendwann habe ich den Dreh heraus und erreiche schon fast einen meditativen Zustand, während mir der Schweiß von überall hinunterläuft. Ich erreiche eine Alm, ab jetzt ist es nicht mehr so steil.
Oben angekommen habe ich bereits 3 Liter getrunken.
Eidsborg Stavkirke
Die Eidsborg Stabkiche ist mehrere Hundert Jahre alt, klein, typisch norwegisch verziert und das Holz fast schwarz.
Während ich ein paar Bilder mache, komme 2 wandernde Jungs aus Dänemark vorbei. Sie sind spontan in die Telemark gereist, um ein paar Tage zu wandern. Jetzt geht es zurück.
Hinter der Stabkirche biege ich ab ins Djupedalen.
Es wird nasser und so wechsle ich erst einmal Schuhe und Socken. Der Weg ist meistens ein Bach oder umgekehrt. Es geht jedenfalls ordentlich aufwärts.
Im letzten Drittel folgt dann der Abstieg, als mich der Wanderweg (Wanderbach) schließlich auf einen Schotterwaldweg ausspuckt.
Zur Rabenschlucht – Ravnjuv
Ich mache zuerst Mittagspause, baue mein Tarp auf und koche. Bulgur Pilaw mit Pilzen, Tomatenflocken und Rinderhackfleisch – alles gefriergetrocknet. Dazu ein Kaffee.
Nach einer Stunde geht es weiter. Die Schlucht liegt quasi auf dem Weg. Ich muss lediglich 100 Meter abbiegen.
Kurz vor der Schlucht dann das Warnschild: „Achtung Lebensgefahr! In 100 Metern endet dieser Weg. Dann geht es 350 Meter senkrecht nach unten. Die Kante ist ungesichert“!
Das Schöne an Norwegens natürlichen Sehenswürdigkeiten ist meiner Meinung nach, dass keine Ketten, Geländer oder andere Sicherungen das Erlebnis verschandeln. Das gilt auch für alle kritischen Wanderwege.
Und dann ist sie da. Ich nehme meinen Rucksack ab, um kein Gleichgewichtsproblem zu bekommen und krabbel an die Kante.
Hier geht ein ordentlicher Wind. Wow! Es geht tatsächlich senkrecht hinunter. Ganz klein und unterlegen fühle ich mich.
Ein gigantischer Riss durchzieht diese Landschaft auf etwa 20 km Länge. Riesige Kräfte sind wohl zu solch einer Gestaltung nötig. Ich lasse meine Drohne fliegen, doch die Windturbulenzen bereiten mir zu große Sorgen. Ich packe ein und setze meine Route fort.
Das alte Übernachtungsproblem – für heute gelöst
Der Schotterwaldweg ist tatsächlich eine Straße (805). Autos kommen keine.
So schlängelt sich die Straße auf und ab. Während einer Pause kümmere ich mich um eine Übernachtungsmöglichkeit. In Åmot gibt es einen Campingplatz. Dort stehen historische Hütten, die gemietet werden können. Ich reserviere online eine etwa 300 Jahre alte Hütte und freue mich schon sehr darauf.
Historische Hütte auf dem Groven Camping
Einige Kilometer vor Åmot treffe ich auf die E134. Um 21 Uhr erreiche ich Groven Camping ziemlich erledigt.
Die Gastgeberin ist noch mit Ihrer Tochter in der Rezeption. Ich kaufe noch eine Fanta, lasse mir Münzgeld für Dusche, Waschmaschine und Trockner geben.
Ich beziehe meine Hütte Sie liegt am unteren Ende des großen Platzes, es sind nur ein paar Gäste da.
Über eine Steinrampe geht es hoch in das „Obergeschoss“ meiner Hütte. Dicke, alte Balken, gemütliche Schlafkojen und ein glatter Holzboden, dazu eine kleine Küchenecke. Sehr schön.
Ich breite mich vollständig aus, ziehe mich aus und meine Daunenjacke (Campjacke) und meine Badeshort (26gr) an. Mit meiner gesamten Wäsche gehe ich zum Waschraum, starte das Waschprogramm und nehme selbst eine heisse Dusche. Danach gehe ich in den Kochraum, bereite mir mein Abendessen zu, spüle und räume die inzwischen fertige Waschmaschine aus. Einiges kommt in den Trockner, den Rest hänge ich in der Hütte auf.
Um Mitternacht ist alles erledigt – vor allem ich selbst.