Um kurz nach Mitternacht geht der Wecker. Wie schön, habe ich doch 2 Stunden geschlafen. Bis zuletzt nochmals an der Ausrüstung gebastelt. Die Depotpakete auf den letzten Drücker bestückt, frankiert und ins Auto geladen.
Es geht los. Traditionell nach wenigen Kilometern einen nächtlichen Schnappschuss machen lassen – völlig überteuert gemessen an der Qualität…
Die Fähre legt um 11:45 Uhr ab, spätester Check-in 10:45 Uhr. Diese Zeit gilt.
Es läuft gut. Ab 4:00 Uhr kündigt sich bereits die Morgendämmerung an. Hamburg passiere ich vor der morgendlichen Rush-Hour, durch den Elbtunnel geht es weiter Richtung Flensburg. Der erste große Kaffee bringt mich solide in das Königreich Dänemark. Ein Stau bei Kolding bereitet mir noch keine Kopfschmerzen, es wird merklich voller und so ist bald Stop-and-Go angesagt.
Kanelsnegl helfen immer
Ein weiterer Kaffee und eine dänische Kanelsnegl (ratet mal was das ist) stimmen mich auf meinen Schlusssprint ein. Doch zunächst wieder wesentlich mehr Verkehr. In Dänemark rollt alles besser. Alle fahren PlusMinus 110 – da kann man ein- und ausscheren und kommt entspannt voran. Noch 70km – 10:05 Uhr. Das wird eng.
Um 10:41 Uhr reiche ich vertrauensvoll meine Buchungsbestätigung und meinen Ausweis in die Hände der Fjordline Mitarbeiterin am Check-In Terminal – geschafft! Just in Time.
Das Tetris- Spiel nach Fjordline-Art
Das Boarding bei Fjordline ist sehr speziell: Im Gegensatz zu Colorline wird hier Tetris mit Fahrzeugen gespielt. Mal werden 4 Fahrzeugen aus Reihe A auf die Fähre geschickt, dann 6 Motorräder aus Reihe J und anschließend 5 Wohnmobile – 3 davon mit erhöhtem Vorbau (oder heißt die Schlafkoje über dem Fahrerhaus Überbau?)
Diese müssen rückwärts (!) die Rampe hoch auf die Fähre fahren. Schon mal eine gute Fahrübung für die norwegischen Straßen. Sie passen haargenau unter eine Querstrebenkonstruktion im Inneren der Fähre.
Schau mir in die Augen
Für mich geht es wie in einem engen Parkhaus 3 Etagen spiralförmig nach oben. Dort halte ich ausschließlich Augenkontakt mit dem Fjordline Park-Einweiser – sensationell gekonnt wird hier jeder Raum genutzt. Seine Anweisungen – einfach auf den Punkt. Ich schaue mir das Ergebnis an. Ich stehe keine 2 Zentimeter neben einem Pfeiler. Und kann die Tür dazwischen ganz normal öffnen.
Mit 33 Knoten hart gegen den Wind
Die Überfahrt mit 33 Knoten auf der Katamaran-Fähre geht superschnell vorüber. Obwohl ein sehr starker Wind geht und die Gicht der auftreffenden Wellen über die gesamte Fähre schlägt, rollt dieses Schiff kaum in den Wellen. Ok, die Windrichtung ist auch günstig – wie können regelrecht schräg nach NordWest hindurchschneiden. Trotzdem wirft es einige Passagiere etwas hin und her.
Zollkontrolle – God Tur!
Kurz bevor ich bei der Zollkontrolle an der Reihe bin fährt vor mir ein Tesla genau im Nadelöhr der Abfertigung auf seinen Vordermann auf. Warum erwähne ich, dass es ein Tesla ist? Ich sehe auf dem Weg von Kristiansand nach Lindesnes 5 Teslas (!). Norwegen im Elektro-Fieber.
Die Sache ist schnell geklärt, jetzt bin ich an der Reihe.
Where are you going to?
Er schaut auf all meine 10 Depotpakete. Ich erzähle ihm von meiner geplanten Norwegendurchquerung, die geschätzt 4,5 Monate dauern wird. Der Zollbeamte beginnt zu lächeln und sagt: God tur!
Mit dem Auto (fast) in die Post hinein
Ich fahre direkt zur Poststation in Kristiansand, um meine Depotpakete zu verschicken. Ich parke 50 Meter entfernt, gehe durch den Fußgängerzonenbereich in die Post und frage, ob sie einen Wagen oder eine Sackkarre für mich hätten – mein Auto stehe 50 Meter entfernt und ich hätte 10 Pakete darin.
Leider nein, aber trotzdem kein Problem. Ich solle einfach durch die Fußgängerzone fahren und direkt (!) vor der Eingangstür parken. Das nehme ich wortwörtlich und stehe kurz darauf quasi mit dem Auto in der Post – die geöffnete Autotür kann fast vom Postschalter aus frankiert werden. Die nette Postmitarbeiterin sagt nur. Ja, sehr gut! Ich reiche die Pakete hinein und nach 5 Minuten bin ich mit dieser Aufgabe fertig.
An der Küste entlang – eingrooven
Ich fahre immer an der Küste entlang zum Lindesnes Camping. Hinter jeder Kurve ein weiteres Panorama. Kleine Fjordeinstülpungen reichen bis an die Straße und eröffnet mir umgekehrt einen Blick über Felsvorsprünge auf das offene Meer, und noch ein Blick, und noch einer…
Die kurvenreichen Strecken sind einfach genial. Es geht nach links, nach rechts , mal hoch, mal runter. Vorbei an Bilderbuchdörfern, kleinen Häfen. In jedem Vorgarten steht ein Boot. Und wo keines steht, ist dieses wohl bereits zu Wasser gelassen.
Check-in bei Peter Tore
Der Süden ist ebenfalls sehr, sehr hügelig. Ich bin gespannt auf meine erste Etappe am morgigen Tag. Doch zuvor beziehe ich eine kleine Hütte, sortiere mich, dusche (vielleicht das letzte Ml so schön heiß für längere Zeit). Peter Tore ist sehr nett und hilfsbereit. Wir sprechen einen Mix aus deutsch-englisch-norwegisch. Wenn mir ein Wort in norwegisch fehlt, greife ich zu englisch und manchmal deutsch. Es funktioniert.
Anruf am Startpunkt – Lindesnes Fyr
Abschließend rufe ich noch beim Fyrvokter an. Es geht Kjells Kollege ran. Er freut sich, mich Morgen zu treffen. Ich kann ab 7 oder 8 Uhr vorbeikommen. Er besorgt das Logbuch. Dort tragen sich alle Norge på Langs Wanderer ein. Ich werde berichten.