Brückentage sind für verlängerte Wochenenden beliebt. Hier in Norwegen habe ich heute auch einen Brückentag. Ich verlasse das Geitvassdalen über die erste Brücke des Tages am Reinavatnet Richtung Rauhelleren Hütte bzw. Hansbu.
Brücke bei Hansbu
Es geht gut voran, das Wetter zeigt sich von seiner besseren Seite. Der Wind bleibt kalt und so ist es in Bewegung angenehm. Bleibe ich für eine Pause stehen oder setze mich, ziehe ich sofort eine Jacke an – die gefühlte Temperatur ist heute 4 Grad. Bei Hansbu überquere ich die Djupa – über die zweite Brücke des Tages.
Ich folge der Djupa. Sie ist ebenfalls ein toller Angelfluss, wenn Temperatur und Wasserstand stimmen. Vereinzelt gibt es am Fluss aber noch Schneefelder. Der Weg ist angenehm zu wandern. In den weicheren Passagen entdecke ich Schuhabdrücke. Sie sehen noch frisch aus, allenfalls ein paar Stunden alt. Ob vor mir Juliane und Marcel unterwegs sind?
Nach einigen Kilometern dreht der Wanderweg weg von der Djupa und führt mich über die Geitsjøhovda (1254m). Danach geht es hingab zum Selstjønnbekken, das kurz vor der Heinseter Hütte liegt.
Zuvor erkenne ich in der Landschaft aber 2 Wanderer vor mir. Irgendwann habe ich zu ihnen aufgeschlossen – es sind …Juliane und Marcel. Ich gehe voraus und ich baue vor der nächsten Brücke mein Tarp auf. Wir machen zusammen Mittagspause. Als die Beiden aufbrechen bleibe ich noch etwas liegen und mache ein kleines Nickerchen.
Bei Heinseter kommt die nächste Brücke. Ich habe nun bereits ziemlich viele Kilometer zurückgelegt und es wird merklich kühler, als auch der Weg nasser und schlammiger wird.
Zelten oder weitergehen?
Als ich den Store Grønenuten (1384m) auf der östlichen Seite umlaufen habe, treffe ich wieder J&M. Sie schlagen hier im Windschatten des großen Berges ihr Zelt auf. Eine ebene Fläche und ein Bach sind auch vorhanden. Ich möchte noch ein Stück weiter, weiß aber nicht, ob in dem vor mir liegenden Gebiet eine bessere Zeltmöglichkeit kommt. Dort gibt es viele kleine Hügel und noch mehr kleine Seen bzw. eher Tümpel. Auch auf der Karte deuten die vielen blau-weiß schraffierten Flächen auf sumpfig-nasses Terrain hin.
Es ist bereits nach 20 Uhr und nun schon ziemlich kühl. Die nächste Hütte ist die Tuva-Hütte. Bis dorthin sind es jedoch 9 km – also etwa 2 1/2 bis 3 Stunden entfernt. Ich gehe weiter.
Es kommt wie es kommen muss. Das Gelände ist durchweg nass und kein einziger ebener Fleck zu finden. Jetzt rausche ich über den Wanderweg – ich muss schnell heraus aus diesem Gebiet. Auch wenn es sehr spät wird, beschließe ich bis zur Tuva-Hütte zu kommen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die morgige Etappe kürzer ausfällt. Ich kann bis zu meinem zweiten Depot heranlaufen und übermorgen einen vollständigen Ruhetag einlegen.
Tuva-Hütte – noch geschlossen!
Der Wind pfeift jetzt ordentlich und bringt dunkle Wolken immer näher. Ich kann es kaum erwarten, die Tuva-Hütte zu erreichen. Ich freue mich auf den Kamin und sehe mich mit einer Tasse Tee davor sitzen: Die Ofentür ist geöffnet, ich schaue den züngelnden Flammen beim Verzehr des trockenen Birkenholzes zu. Wie schön!
Der letzte Kilometer saut mich nochmal schön mit Schlamm ein. Es geht ein Stück bergauf, dann habe ich es geschafft. Ich werde dann die Socken und Schuhe zum trocknen neben den Kamin stellen, denke ich noch.
In der großen Hütte ist Niemand und noch viel schlimmer, die Hütte ist geschlossen und verschlossen! Nach all den Extrakilometern am heutigen Tag, stehe ich leicht niedergeschlagen und vor allem erschöpft vor verschlossenen Türen. Etwa einen Kilometer weiter aufwärts liegt am Schotterweg eine weitere Hütte, die Tuvestølen. Die ist zwar nicht für Wanderer geöffnet, aber vielleicht ist Jemand zu Hause.
Nach rund 15 Minuten stehe ich auch hier vor verschlossenen Türen. Mittlerweile ist es schon ziemlich böig, hier im Gebirge ist das sehr unangenehm. Außerdem wird mir langsam kalt, ich muss dringend kochen und dann schlafen – es ist bereits nach 22 Uhr und mein Tagespensum liegt bei über 35 km. Ich kann und möchte nicht mehr weitergehen.
Der Wind wirbelt um das Haus herum, und das Gelände ist ansonsten ganz offen. Da ich nicht glaube, dass der Eigentümer bei diesem Wetter wochentags ins Gebirge möchte, schlage ich mein Zelt direkt im Windschutz des Hauses auf. Es ist zudem die einzige ebene Fläche. Um halb 12 habe ich gegessen und lausche zunächst dem Wind, wie er trotzdem an meinem Zelt rüttelt und schließlich den Regen bringt.
Um 3 Uhr werde ich wach. Um mein Zelt herum streunen Rebhühner mit ausgeprägtem Unterhaltungsdrang. Ich schlage laut in die Hände und weg sind sie. Danach schlafe ich endgültig ein.