Der Morgen beginnt genauso wunderbar wie der gestrige Abend endete. Sonnenschein, ein wellenfreier See, umgeben von malerischen Bergen.

Im Zelt wird es bereits um 6 Uhr schnell warm. Ich rolle die Türen auf beiden Seiten hoch und ein feiner Windhauch bringt wieder die richtige Abkühlung, um nochmals einzuschlafen.Irgendwann durchbreche ich meine angenehme Lethargie und starte den Wandertag.
Gelbe Wolken im Tal
Das Sjodalen öffnet sich vor mir, das stetige bergauf und bergab fällt mir angesichts der abwechslungsreichen Landschaft gar nicht auf. Wenn jeder Ort einen eigenen Duft hat, so dominiert hier der Duft der Kiefernwälder. Ich atme die Waldatmosphäre tief ein.

Gegen Mittag kommt etwas Wind auf und die Luft färbt sich bei einigen Böen ganz gelb. Hier ist es schon seit längerem trocken – sind das etwa die rauchigen Wolken eines Waldbrandes? Zum Glück nicht. Es sind riesige Pollenwolken der großen Kiefern, die mit jedem stärkeren Windstoß durch das Tal wehen.

Der legendäre Rittersprung – Riddarspranget
Ich gehe nun weiter oberhalb der Sjoa und kann an einigen Stellen auf das felsige Flussbett hinunterschauen. Das Gefälle ist hier stärker und die Sjoa hat sich im Laufe der Jahrtausende tief in die Felsen hineingefressen.

Nach einiger Zeit komme ich wieder näher an den Fluss und kann die Kraft des Wassers an einem ganz besonderen Ort bewundern.
Zwischen den beiden Bergen Rindhovda auf der Nordseite des Flusses und dem Sjolikampen auf der Südseite gibt es den Riddarspranget – den Rittersprung. An dieser Flusspassage südlich vom Ort Randsverk hat sich einmal Legendäres zugetragen.
Sigvat Kvie – ein Ritter aus Valdres – soll demnach im Hof Sandbu in Vågå die Braut geraubt haben. Mit dem schönen Mädchen „Skårvangssola“ flüchtete er anschließend über die Schlucht. Der Sandbu-Ritter Ivar Gjesling verfolgte ihn mit seinen Leuten – wer lässt sich schon gerne seine Braut rauben. Vielleicht wird man dies nach einigen Ehejahren anders beurteilen, aber nun gut…
So standen sich beide irgendwann gegenüber, nur noch getrennt von der wassertosenden Schlucht. Um zu beweisen, wie es dem Ersten ergehen würde, der es wagt, die Schlucht zu überspringen, stiess Sigvat einen aus seinem Gefolge in den Wasserfall. Damit hatte er seine Verfolger beeindruckt – denn Niemand wagte den Sprung hinüber zum Ritter Sigvat Kvie. Das wage ich heute auch nicht – als Nicht-Ritter muss ich ja auch nicht springen…
Im Liegen Angeln
Ein immer schmaler werdender Weg führt mich an dieser Passage entlang. Teilweise ist der Weg keine 30cm breit und daneben schaue ich senkrecht etwa 20 Meter tief in das ohrenbetäubende Wasserrauschen am Rittersprung.

Es ist bereits 20 Uhr als ich bereits ein ganzes Stück nah an der Sjoa entlanggekraxelt bin. Weit und breit gibt es hier keine Zeltmöglichkeit, denke ich mir noch. Und dann kommt er – der ultimative Zeltplatz. Ein kleines Plateau, trocken und moosbewachsen, direkt am Fluss, leicht erhöht. Und genau unterhalb verbreitert sich die Sjoa – hier gibt es einen interessanten Angelpool! Yippiee!

Nach dem Essen bin ich satt und etwas müde. Doch zum Angeln ist immer Energie da. Hier kann ich sogar im Liegen angeln! Ich fange an ein und derselben Stelle unzählige Forellen. Ich werfe gerade einmal fünf oder sechs Meter aus – soweit ich eben im Liegen und einhändig komme.

Es sind durchweg kleine Bachforellen. Nach einiger Zeit beende ich den Abend und schlafe mit dem Rauschen der Sjoa in meinen Ohren ein.
