„…hast Du den Gendingrat einmal gesehn?
Wohl ’ne Meile läuft er drang
Hin, in Sensenrückenbreite.
Unter Firneis, Schuttmoränen,
Schnee, Geröll, Sand, kunterbunter,
Sieht Dein Aug‘ auf jeder Seite
Stumme, schwarze Wasser gähnen,
An die fünf-, die siebenzehn-
hundert Ellen rank hinunter…“ [aus Henrik Ibsens Peer Gynt]
Die meistbewanderte Strecke – der Besseggengrat
Henrik Ibsen machte den Besseggengrat durch seine Erzählungen in „Peer Gynt“ berühmt – die Hauptfigur reitet darin tollkühn über den schmalen Grat.
Seither gibt es kein Halten mehr. Nicht nur die Erzählungen des berühmtesten Schriftstellers Norwegens sind Thema im Schulunterricht – der Besseggengrat ist auch das beliebteste Tagesziel für Schulausflüge. Der alljährliche Ansturm hat sich mittlerweile auf 50.000 Besucher hochgeschraubt. Wer an einem Wochenende während der Hauptsaison über den Bessegen wandern möchte – der Grat befindet sich zwischen Memurubu und Gjendesheim – kann durchaus in einen größeren Wanderstau geraten…
Flucht vor dem Wandermob
Bei bestem Wetter blicke ich über den Gjendesee und beschließe, mit dem Boot bis Gjendesheim zu fahren. Meinen ursprünglichen Plan, eineinhalb Tage oben in der Memurutunga zu verbringen, verwerfe ich. Die ausgewählten Angelseen auf rund 1400m sind leider noch nicht wieder ganz eisfrei. Die Wanderung über den Grat war lediglich meine Abstiegsroute, um ab Gjendesheim weiterzuangeln. Damit kann ich den heutigen Tag in der Sonne genießen und eine Kurzetappe einstreuen.
Das erste Boot des Tages kommt pünktlich, nimmt Abfälle aus der Gjendebu mit und legt einen Zwischenstopp in Memurubu ein.

Dort, wo es eine Zeltmöglichkeit am Ufer gibt, steht hier auch ein Zelt! Unglaublich. In Gjendesheim ist der Andrang nun riesig. Busladungen von Wanderern kommen an, eine riesige Warteschlange bildet sich an der Ablegestelle. Und das wochentags – nicht etwa am Wochenende! Ich muss hier schnell weg.

Entspannter Tag im Sjodalen
In Gjendesheim beginnt der Fluss Sjoa. Auf seinem Weg macht er einen riesigen Bogen durch das gleichnamige Sjodalen, um den Heidalsmuen (1759m) und seine Nachbarberge (Saukampen mit 1659m und der Storhøi mit 1349m) herum. Schließlich mündet er südlich von Otta im Ort Sjoa in den Fluss Lågen.
Zu Beginn schießen die Wassermassen zu schnell hinunter – der Köder ist nach dem Auswurf schon an mir vorbeigesaust, bevor ich überhaupt eine Kurbelumdrehung machen kann. Ich gehe also weiter.

Hier und dort mache ich dann ein paar Würfe, erwische kleinere Forellen, verweile an dem einen und anderen Plätzchen und liege am rauschenden Fluss. Möglicherweise bin ich auch zwischendurch etwas eingedöst, denn es ist nun plötzlich 13 Uhr.
Kurzer Wandertag
Am Øvre Sjodalsvatnet mache ich Mittagspause. Ich möchte heute nicht mehr weiter wandern und suche zwischen Øvre und Nedre Sjodalsvatnet eine schöne Zeltmöglichkeit. Zwischen beiden Seen gibt es ein riesiges Delta, wo sich die Sjoa durchdrückt. Da ich nichts Passendes finde, gehe ich am Ufer des Nedre Sjodalsvatnet entlang und finde bereits um 15 Uhr ein nettes Plätzchen. Nachdem das Quartier eingerichtet ist, lege ich eine Grundmontage in den See ( mit auftreibendem Wurm) und tue einfach gar nichts.

Am frühen Abend fahren zwei Norweger mit ihrem Boot am Ufer entlang und kommen auch an meiner kleinen Bucht vorbei. Dort setzen sie mir auch ein Stellnetz vor die Nase, leider. Irgendwie ist mir das heute gar nicht so wichtig. Ich bereite Abendessen zu und schaue aus meinem Zelt heraus auf den spiegelglatten See.